Hans Rosling war ein selbsternannter «Possibilist», jemand, der niemals ohne Grund hofft oder fürchtet und sich einem überdramatisierten Weltbild konstant widersetzt. Hätte er aber die aktuellen Turbulenzen auf der Welt – Konflikte, Migration, Klimawandel, Armut und Covid-19 – noch miterlebt, wäre sogar sein Weltbild auf die Probe gestellt worden.
Hans Rosling stützte seine Denkweise stets auf Statistiken und Belege ab. Dieser Ansatz wird mit dem neu lancierten Project Rosling übernommen: Es will die Datenökosysteme voranbringen, um die nötigen Informationen für ein faktenbasiertes Weltbild bereitzustellen.
Um die komplexen Probleme der Moderne zu verstehen und zu lösen, braucht es immer grössere Datenmengen. Zwar tragen alle Workstreams des Project Rosling dazu bei, den Zugang zu besseren Informationen zu erweitern, doch ihnen allen liegt der Workstream «Datenfinanzierung» zugrunde.
Ohne nachhaltige und intelligente Finanzierung ist die Produktion von qualitativ hochwertigen Daten – sei es für die Gesundheit, den Klimawandel, die Datenkompetenz oder die Stewardship – nicht möglich.
Die Anzeichen deuten jedoch auf einen mühsamen, steinigen Weg hin. Die der Statistik zur Verfügung stehenden Ressourcen konnten mit der wachsenden Nachfrage nicht Schritt halten: Die öffentliche Entwicklungshilfe im Statistikbereich ist bei rund 600 Millionen US-Dollar stehen geblieben und hat seit 2015 nicht zugenommen. Die Geldgeber sind stark unter Druck und müssen Mittel umverteilen, um dringliche Angelegenheiten in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und anderen globalen Krisen zu bewältigen. Zudem sind die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie weltweit nach wie vor spürbar und könnten sogar zu Rückschritten hinsichtlich der Ziele für nachhaltige Entwicklung führen.
«Possibilist» zu sein bedeutet aber auch, zu sehen, wo es Hoffnung gibt und wo weitere Fortschritte möglich sind. Der Weg in die Zukunft mag zwar beschwerlich sein, aber nicht unmöglich.
Die Finanzierung von Statistiken wird weltweit stärker priorisiert, unter anderem dank neuer globaler Fonds der UNO und der Weltbank wie etwa der «Global Data Facility»-Fonds oder der Complex Risk Analytics Fund. Darüber hinaus verstärken Länder wie Sierra Leone und Namibia die Mobilisierung von inländischen Ressourcen. Beides sind politische Signale, die die Bedeutung von hochwertigen Investitionen unterstreichen.
Gemeinsame Aufrufe verschiedener Stakeholder zu mehr und intelligenterer Datenfinanzierung verleihen der Bewegung zusätzlichen Aufschwung. Eine treibende Kraft ist das 2019 von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit und vom Bundesamt für Statistik eingerichtete Bern Network, das eine Plattform für Diskussionen, Debatten und Massnahmen bietet.
Am UNO-Weltdatenforum im Oktober 2021 lancierte das Bern Network das Clearinghouse for Financing Development Data. Ein paar Monate später zählte das Clearinghouse 17 Gönnerprofile, die zusammen über 550 Millionen US-Dollar für Statistiken mit Daten aus dem Jahr 2019 bereitstellten. Diese neuen Profile zeichnen zusammen mit den bestehenden Profilen für Datenentwicklung der OECD ein umfassendes Bild der globalen Finanzierungsströme für Statistiken und geben neue Impulse für eine verstärkte Koordination der Geldgeber sowie eine bessere Abstimmung auf die Prioritäten der Länder.
Nebst den allgemeinen Finanzierungsströmen betreibt das Clearinghouse auch einen spezifischen Kanal für Genderdaten, der Trends zu Finanzierungsströmen für Genderdaten aufzeigt, die Bedürfnisse der Länder analysiert, indem er geplante Projekte und Budgetzuweisungen evaluiert, und die Kapazitäten des Genderdatensystems eines Landes beurteilt.
Hans Rosling sagte einmal: «Lasst euch von Daten umstimmen.» Genau darin besteht das Ziel des Clearinghouse.
Die Geldgeber sollen sich durch die Informationen auf der Plattform dazu bewegen lassen, sich besser zu koordinieren und enger zusammenzuarbeiten. Die nationalen Statistikämter sollen bei der Planung ihrer nationalen Strategien für die Statistikentwicklung umdenken. Und selbst die Verfechterinnen und Verfechter der Geschlechtergleichstellung sollen ihre Meinung ändern.
Der Workstream «Datenfinanzierung» des Project Rosling wird die Gelegenheit bieten, die Informationsbedürfnisse zur Finanzierung von Entwicklungsdatenräumen zu diskutieren und das Clearinghouse dahingegend zu optimieren, diesen Bedürfnissen zu entsprechen.
Im kommenden Jahr wird es zahlreiche Anlässe geben, um eine stärkere und intelligentere Datenfinanzierung zu fördern und die nötigen Massnahmen für einen Wandel zu ergreifen. Das Project Rosling wird in Kürze offiziell lanciert. In der Zwischenzeit bietet das Hochranginge Politische Forum der UNO eine wichtige Gelegenheit, diese Ziele voranzutreiben. Dort wird sich zeigen, ob die nationalen Statistikämter über die nötigen Ressourcen verfügen, um ihren Auftrag zu erfüllen und Daten für die Agenda 2030 zu erheben, und wie die Politik ihre Arbeit besser unterstützen kann. Im Hinblick auf das UNO-Weltdatenforum 2023 muss auch an der UNO-Generalversammlung sichergestellt werden, dass die Datenfinanzierung auf der globalen Agenda bleibt.
Es gilt, die Ärmel hochzukrempeln und Lösungen zu suchen, die sich auf Daten stützen, denn sie sorgen letztlich dafür, dass die Hoffnungen und Befürchtungen für unsere kollektive Zukunft immer einen Grund haben.
Deirdre Appel and Johannes Jütting
PARIS21